Organe der Rechtspflege

Der Sammelbegriff Organe der Rechtspflege (OdR) ist pragmatisch entstanden und entsprechend nicht präzis definiert. Wir zählen dazu:

  • Gerichte aller Art
  • Staats- und Jugendanwaltschaften
  • Straf- und Massnahmenvollzug
  • Bewährungshilfe
  • Vollzugsanstalten
  • BVG- und Stiftungsaufsicht
  • Bezirksrat, Statthalterämter, Stadtrichterämter, Bezirksämter
  • Zentrale Inkassostellen mit den Spezialitäten des Strafwesens
  • General-, Direktions- und Departementssekretariate
  • Rechtsdienste
  • Schlichtungsstellen
  • Diverse ähnliche aber anderslautende sowie verwandte Institutionen
scales-of-justice
Waage der Gerechtigkeit

Die Organe der Rechtspflege weisen viele fachspezifische Anforderungen an eine Informatiklösung auf. Basis sind die jeweiligen gesetzlichen Grundlagen wie u. A. die Prozessordnungen. Weiter spielen der Föderalismus sowie die individuelle Historie eine grosse Rolle.

Nachfolgend einige Gedanken zu ausgewählten Aspekten:

1. OdR enthalten viele Gemeinsamkeiten

Unterschiedliche OdR – in einer Instanzenkette oder sogar „weit voneinander entfernte“ – enthalten teilweise gleiche Anforderungen an ihre Fachapplikationen und verwalten teilweise analoge Daten. Wir verwenden in de Folge dafür kurz „gleiche Strukturen“.

Manchmal unterscheidet sich der Sprachgebrauch mehr oder weniger, dahinter kann eine „gleiche Struktur“ stecken. Natürlich können Strukturen auch echt unterschiedlich sein wie z. Bsp. die Zellenverwaltung bei einem Gefängnis, die von Gerichten nicht gebraucht wird.

Eine Fachapplikation, die für viele Arten von OdR konzipiert wird, kann bei gleichen Strukturen auch entsprechend identische Lösungen nutzen. Bei leichten Unterschieden können diese Lösungen mit unterschiedlichen Konfigurationen eingesetzt werden. Für klare Unterschiede sind spezifische Lösungen i. d. R. sinnvoll.

All dies ist für die Entwicklung von Fachapplikationen und insbesondere bei Schnittstellen von Bedeutung .

2. Schnittstellen

Schnittstellen sind ein zunehmend aktuelles Thema. Sie werden bisher vor allem zur Reduktion von Medienbrüchen oder zur Steigerung der Effizienz eingesetzt.  Ein weiteres Ziel könnte jetzt hinzu kommen: „Die substantielle Verbesserung von (an sich bestehenden) instanzenübergreifenden Prozessen bis hin zur Schaffung einer neuen Qualität (durch neue Prozesse) in der instanzenübergreifenden Zusammenarbeit.“

  • Bei gleichen Strukturen in den Applikationen von Sender und Empfänger können Daten i. d. R.  gut übertragen werden. Z. Bsp. kann eine „Person mit Adressen“ problemlos übertragen werden, denn beim Empfänger ist das wieder eine „Person mit Adressen“.
  • Was gleich oder fast gleich ist, aber anders bezeichnet wird, kann meist auch gut übertragen werden, siehe zwei Beispiele unten.
  • Häufig sind Dokumente, Fotos, Filme oder Audio-Dateien zu übertragen.
  • Was echt anders ist, kann nicht ohne Weiteres strukturiert übergeben werden.
3. Beispiel einer Beschwerde

Wenn ein Geschäft die Instanzenkette durchläuft, ändert u. A. die Rolle von Beteiligten. Ein „Beschuldigter“ kann sich mit einer Beschwerde an eine nächste Instanz wenden und dort zum „Beschwerdeführer“ werden. Die „Person mit Adresse“ etc. bleibt gleich, die Beteiligtenrolle ändert. Bei der Beschwerdeinstanz kommen die neuen Daten der eigentlichen Beschwerde hinzu. Der Blickwinkel der höheren Instanz unterscheidet sich entsprechend ihrer Aufgabe.

4. Beispiel Schnittstellen von Strafverfahren

Strafverfahren gehen häufig über mehrere Instanzen, vorläufig noch teilweise mit, künftig vermehrt ohne Medienbruch. Sie bilden eine eigentliche Strafkette. Jede beteiligte Instanz hat dabei ihre eigene Sicht auf teils identische Strukturen.

Verfolgen wir das oben erwähnte polizeiliche Ereignis bei seinem Weg durch die Strafkette, natürlich stark vereinfacht. Es beginnt bei der Polizei mit der Ersterfassung. Nur ein Teil der Daten ist für die Staatsanwaltschaft und die folgenden Instanzen wesentlich und wird entsprechend übertragen.

Bei der Schnittstelle zur Staatsanwaltschaft müssen die Wertebereiche gewisser Daten i. d. R. übersetzt werden von Polizeistandard zu Justizstandard. Abhängig von der Vollständigkeit und der Qualität der übergebenen Daten kann das Ablegen und Weiterverwenden mehr oder weniger automatisiert erfolgen.

In der Staatsanwaltschaft wird das polizeiliche Ereignis als „Anzeige“ mit Delikten (auch Artikel genannt) geführt. In der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht werden die Delikte beurteilt, in diesem Zusammenhang werden die Daten ergänzt. Damit kann die Urteilsausfertigung erfolgen und die – optimaler Weise automatisierte  – Meldung an das Strafregister VOSTRA.

Instanzen Strafkette
Beispiel einer Strafkette; blau für polizeiliche Daten mit entsprechenden Wertbereichen, grün für Daten der Justiz

Die Urteile werden zum Straf- und Massnahmenvollzug  übertragen, weiter zu Vollzugsanstalten und schliesslich zur Bewährungshilfe. Zwischen all diesen Instanzen können weitere Arten von Kommunikationen über Schnittstellen stattfinden.

5. Schnittstellen mit Workflows unterstützen

Mit vor- und nachgelagerten Workflows können Schnittstellen erheblich unterstützt werden.

Vorgelagerte Workflows können insbesondere helfen, die Datenqualität zu optimieren. Manchmal ist das nicht einfach zu erreichen, weil die Instanz, welche die Daten produziert, nicht selber Nutzniesserin der Schnittstelle ist.

Nachgelagert können die Daten mehr oder weniger automatisiert abgelegt werden. Zudem können evtl. nächste Schritte automatisch ausgelöst werden. Dazu können interne Pendenzen, Antworten an den Sender oder Mitteilungen an Dritte gehören.

Dienstleistungen im Bereich Informatik für Organe der Rechtspflege